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GESETZE

Postministerium: Neuregelung des Fernmeldegeheimnis gilt nicht für Mailbox-Systeme. Ausdehnung der Überwachungsmöglichkeit auf private Netzbetreiber stößt auf Kritik.

Hamburg/Bonn (emp/mik) - Die im Zuge der Postreform auf private Betreiber von Vermittlungseinrichtungen ausgedehnten Beschränkungen des Fernmeldegeheininisses gelten nach Auskunft des Bundespostministeriums nicht für Mailbox-Systeme. Dies teilte das Ministerium der Oberpostdirektion Bremen auf Anfrage mit, nachdem verschiedene Bremer Mailbox-Betreiber ihr zuständiges Fernmeldeamt über die neue Rechtslage befragt hatten. Nach der Neufassung des Gesetzes zur Beschränkung des Fernmeldegeheimnisses, die seit dem 1. Juli 1989 gilt, ist nicht nur die Deutsche Bundespost, sondern auch jeder andere Betreiber öffentlicher Vermittlungseinrichtungen gesetzlich verpflichtet, den staatlichen Sicherheitsorganen die anvertrauten Briefsendungen auszuhändigen und die Überwachung des Fernmeldeverkehrs zuzulassen. Private Kommunikationsdienstleister müssen zudem Mitarbeiter benennen, die mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten und Verschlußsachen auf Anordnung aushändigen.

Nach allem, was man weiß, so das Ministerium, fallen die Mailboxen nicht unter die Anmeldepflicht. Man habe weder Formulare für Mailboxen, noch gehe man davon aus, daß man die vielen Mailbox-Systeme überhaupt verwaltungstechnisch registrieren könnte - selbst wenn man wollte. Ferner sei der Begriff "Fernmeldeanlage" im Gesetz technisch und formal zu verstehen. Gemeint seien Vermittlungseinrichtungen. Zwar fallen Mailboxen auch unter Fernmeldeanlagen oder Fernmeldedienstleistungen, nicht aber unter den technischen Begriff der "Vermittlungseinrichtungen". Dies gelte auch für vernetzte Mailbox-Systeme. Sollte sich an dieser Interpretation etwas ändern, werde das Ministerium darüber umgehend informieren.

Nach dem Gesetz droht dem Betreiber einer Vermittlungseinrichtung ein Bußgeld bis zu dreißigtausend Mark, wenn er sich weigert, mit Geheimdiensten und staatlichen Sicherheitsbehörden zusammenzuarbeiten. Als Weigerung wird angesehen, wenn Sendungen nicht ausgehändigt oder das Überwachen des Fernmeldeverkehrs nicht ermöglicht werden. Gleiches gilt für Betreiber, die keine Mitarbeiter stellen, die mit staatlichen Geheimdiensten zusammenarbeiten. Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe werden dem angedroht, der eine angeordnete Überwachung des Fernmeldeverkehrs anderen mitteilt.

Als "maßlose Selbstüberschätzung" bezeichneten Bonner Rechtsexperten die Auffassung politischer Beobachter, die in der Neufassung des Gesetzes einen gezielten Seitenhieb auf den Email-Bereich oder gar einzelne Nutzergruppen wie Umweltschützer oder linke Gruppen sehen wollen. In diesem Sinne hatte die Illustrierte Stern das Thema aufgegriffen. Das Blatt sprach von "Spitzeln in der Mailbox" und einer Reaktion bundesdeutscher Geheimdienste, denen die Mailbox-Szene "schon lange ein Dorn im Auge" gewesen sei. Wie das Bundespostministerium auf Anfrage erklärte, sei die Ausdehnung der Überwachungsmöglichkeiten auf private Betreiber eine Konsequenz der Poststrukturreform. Ohne die Neufassung wäre eine Situation entstanden, bei der nur die Deutsche Bundespost zur Offenlegung der Daten gegenüber Geheimdiensten verpflichtet wäre.

In einer von der GeoNet Mailbox Services GmbH Haunetal in Auftrag gegebenen Kurz-Analyse der neuen Bestimmungen heißt es unter anderem, daß die Verfasser des Gesetzes irrigerweise davon ausgegangen seien, daß künftig nur große, institutionalisierte Anbieter in Konkurrenz zur Bundespost treten würden. Dies beweise insbesondere die Tatsache,"daß das Nichtvorhalten überprüften Personals mit einer nicht unbeträchtlichen Geldstrafe bedroht wird". Darüber hinaus sei es kaum gelungen, eine geeignete Definition anzubieten, welche tatsächlich alle Dienstleistungstypen abdecke. So könne man das Gesetz auch so auslegen, daß Stand-Alone-Mailbox-Systeme nicht unter diese Vorschrift subsumiert werden können. Dies alles ändere jedoch nichts daran, daß die E-Mail-Branche mit diesem Gesetz zu leben habe. Im Sinne der Benutzer sei es deshalb sinnvoll, Nachrichten künftig verschlüsselt abzuspeichern, wodurch sich auch eine Reihe datenschutzrechtlicher Probleme elegant lösen ließen.

Weitere Informationen erteilt:
Pressereferat Bundespostministerium
Heinrich-von Stephan-Straße 1;
5300 Bonn 1; Tel.: 0228/149921

ernp: E-Mail-Press
Tel: 040/27 51 86. MIK-Magazin

 

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